Donnerstag, 2. Juli 2020

Gast-Rezension zu: Schatten und Licht

Allgemeine Infos:




OriginaltitelSchatten und Licht
Originalsprache: Deutsch
Autor/in: Anne Stern
Verlag: rowohlt polaris
Einzelband/Teil einer Reihe: Reihenauftakt
Reihe: Fräulein Gold
Teil: 1
Genre: Historischer Roman
Erscheinungsjahr: 2020
Seiten: 384
Preis16,00 €
ISBN: 978-3-499-00427-8







Klappentext:
1922: Hulda Gold ist gewitzt und unerschrocken und im Viertel äußerst beliebt. Durch ihre Hausbesuche begegnet die Hebamme den unterschiedlichsten Menschen, wobei ihr das Schicksal der Frauen besonders am Herzen liegt. Der Große Krieg hat tiefe Wunden hinterlassen, und die junge Republik ist zwar von Aufbruchsstimmung, aber auch von bitterer Armut geprägt. Hulda neigt durch ihre engagierte Art dazu, sich selbst in Schwierigkeiten zu bringen. Zumal sie bei ihrer Arbeit nicht nur neuem Leben begegnet, sondern auch dem Tod. Im berüchtigten Bülowbogen, einem der vielen Elendsviertel der Stadt, kümmert sich Hulda um eine Schwangere. Die junge Frau ist erschüttert, weil man ihre Nachbarin tot im Landwehrkanal gefunden hat. Ein tragischer Unfall. Aber wieso interessiert sich der undurchsichtige Kriminalkommissar Karl North für den Fall? Hulda stellt Nachforschungen an und gerät dabei immer tiefer in die Abgründe einer Stadt, in der Schatten und Licht dicht beieinanderliegen.

Meinung:
Schon, als ich das Cover das erste Mal gesehen habe, wusste ich, dass ich dieses Buch lesen muss. Der Klappentext war mir dabei ziemlich egal. Ich bin eine Cover-Käuferin.
Anne Stern hat eine wundervolle Geschichte geschrieben. Die Charaktere sind fein ausgearbeitet. Mit ihren Eigenarten wirken sie wie reale Menschen.
Hulda ist eine emanzipierte Frau, die ihrer Zeit voraus ist. Sie ist nicht verheiratet, aber nicht, weil sie keinen Mann gefunden hat. Sie hat bewusst darauf verzichtet und sorgt lieber selbst für ihren Lebensunterhalt. Hulda ist pflichtbewusst und hilft den Schwangeren, wo sie nur kann. Sie merkt, dass ihre Möglichkeiten begrenzt sind, denn als ambulante Hebamme darf sie längst nicht alles, was in den Kliniken erlaubt ist. Sie ist neugierig und auch manchmal leichtsinnig. Ich finde sie zauberhaft.
Karl arbeitet bei der Polizei. Er ist mürrisch und ein Einzelgänger. Auf den ersten Blick wirkt er vielleicht nicht sympathisch, doch ein Blick hinter seine Fassade zeigt, dass er nur so abweisend zu anderen Menschen ist, weil er ein Päckchen zu tragen hat. Er schämt sich für seine Vergangenheit und möchte nicht, dass jemand die Wahrheit herausfindet.Bei Hulda taut er langsam auf und zeigt, dass er durchaus auch Humor hat.
Ich möchte auch ein paar Worte über Rita, die Ermordete loswerden. Sie arbeitet als Prostituierte und wohnt im Bülowbogen, dem Armenviertel von Berlin. Von ihr erfahren mir mehr durch ihre Tagebucheinträge. Früher war sie Pflegerin, zuerst in einer Nervenheilanstalt, später in einem Nervenlazarett bei Brandenburg. Sie war gewissenhaft und kümmerte sich gut um die Patienten. Von den Ärzten werden die Patienten dagegen grausam behandelt, als wäre deren Leben nichts wert. Sie müssen hungern und qualvolle und fragwürdige Behandlungsmethoden über sich ergehen lassen. Rita konnte damit nicht leben und ist daran zerbrochen.
Die Handlung ist eine spannende Mischung aus historischem Roman und Krimi, garniert mit einem Hauch von Liebesgeschichte. Diese Mischung ist der Autorin sehr gelungen. Als Leser merkt man, dass sich Anne Stern Gedanken über ihre Geschichte gemacht hat und ausgezeichnet recherchiert hat.
Wir erleben die frühen 20er des 20. Jahrhunderts lebendig, faszinierend und gleichzeitig erschreckend präsentiert. Der Krieg ist vorbei, doch das Leben vieler Menschen ist immer noch geprägt von Leid und Armut. Die Frauen werden von ihren Männern unterdrückt. Sie sollen nur für den Haushalt zuständig sein und nicht arbeiten. Nebenbei sollen sie auch zeigen, warum sie eine Gebärmutter und Eierstöcke haben.
Auch der langsame Aufstieg der NSDAP ist in die Handlung eingebaut. Noch ist deren Macht nicht groß, doch man spürt schon, dass sich etwas zusammenbraut. In den Kneipen gibt es bereits Hetzparolen gegen Juden. Dass die Frau eines Parteimitglieds das Hulda so nebenbei erzählt, hat mich erschaudern lassen. Diese Frau nimmt das einfach so hin. Sie weiß ja auch noch nicht, was noch alles geschehen wird.
Neben den erschreckenden Tatsachen gibt es auch schöne Nachrichten, vor allem, wenn ein Kind gesund auf die Welt kommt. Und dann ist da auch noch die kleine Liebesgeschichte, die sich zwischen Hulda und Karl entwickelt. Nicht aufdringlich, sondern ganz zart wie eine Knospe, die sich langsam ihren Platz an die Oberfläche bahnt.
Anne Stern hat einen bildhaften Schreibstil. Ihr gelingt es mit ihren Worten, die 20er auf dem Papier wieder aufstehen zu lassen. Ihre Texte sind flüssig und einfach zu lesen, aber es ist kein infantiler Schreibstil. Ihre Sätze sind rund und nicht abgehakt.
Das Buch hat mit sympathischen Charakteren, einem spannenden Plot und einem wunderbaren Schreibstil ein stimmiges Gesamtbild.
Ich freue mich sehr auf den 2. Teil, der Scheunenkinder lautet, und im Oktober 2020 erscheinen soll.


Wer hat rezensiert?
Hey, ich bin die Antonia, und ich lese für mein Leben gern. Bei den Genres bin ich relativ offen, wobei ich am liebsten historische Romane, die im 19. und 20. Jahrhundert spielen, lese. Ich interessiere mich sehr für Geschichte und lese auch sehr gern Sachbücher.

Weitere Meinung?
Tinettes Meinung zum Buch findet ihr hier.

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